Erfahrungsebenen - Holotropes Atmen

Holotropes Atmen / holotropic breathwork nach Stan Grof

Stanislav Grof, der Begründer von holotropic breathwork, hat herausgefunden, dass die seelische Struktur, wie auch gesunde und kranke Entwicklungsverläufe, nicht allein durch biografische Erfahrungen geprägt ist. Deshalb entwarf er eine neue Kartografie der Psyche. Nach heutigem Erkenntnisstand können die holotropen Erfahrungsebenen, die strukturbildenden Einflüsse auf die menschliche Psyche, wie sie sich in holotropen Atemsitzungen zeigen, in folgenden Dimensionen zusammengefasst werden:

Die psychodynamisch-biografischen Erfahrungen

Die psychodynamisch–biografische Ebene. Sie beinhaltet lebensgeschichtliche Erfahrungen, wie man sie auch aus der traditionellen Psychotherapie kennt. Im Unterschied zu gesprächsorientierten Therapien werden im Holotropen Atmen beispielsweise belastende Lebensereignisse direkter, intensiver und leibhafter erlebt.

Die perinatalen Erfahrungen

Die perinatale Ebene, also Erfahrungen rund um die Geburt, ist deshalb so wichtig, weil sie einen einschneidenden Übergang in der Entwicklung des Menschen darstellt. Im holotropen Bewusstseinszustand können unverarbeitete Geburtserfahrungen wieder erlebt werden. Das kann auch in einer dramatischen Weise erfolgen.

So kann es plötzlich während einer holotropen Atemsitzung zu Erstickungsgefühlen, Todesängsten, Überlebenskämpfen sowie Visionen von Dunkelheit oder Eingeschlossensein kommen. Die massive Konfrontation mit Tod- und Wiedergeburtsprozessen, vor allem beim Durchschreiten der perinatalen Matrizen, kann auf das Leben eine sehr positive Wirkung haben, weil tiefe Ängste abgebaut werden. Geburt und Tod als symbolische Wandlungs-, Durchgangs- und Entwicklungsschritte können besser verstanden und in den Alltag integriert werden. Nach dem intensiven Durchleben von Geburtserfahrungen während des holotropen Atmens kommt es häufig zu Lichtvisionen und dem Gefühl totaler Befreiung.

Geburtsphänomene können auch mit den Themen Tod, Sexualität und Spiritualität gekoppelt sein. Auch wenn Stanislav Grof vielleicht das Geburtserleben im Verhältnis zu den anderen natürlichen Wachstumskrisen etwas überbetont hat, können wir davon ausgehen, dass die Geburt ein mächtiger Wendepunkt in der menschlichen Existenz ist, der bedeutsame Hinweise auf unsere Lebensmuster geben kann.

Die pränatalen Erfahrungen

Die pränatale Erfahrungsebene im holotropen Atmen kann bis zur Zeugung zurückreichen. Nicht nur die Geburt, sondern auch die einzelnen Entwicklungsschritte im Mutterleib sind so einzigartig, dass es einem Wunder gleichkommt. Wenn wir uns nur vorstellen, dass nach drei Wochen das Herz zu schlagen beginnt und nach acht Wochen sämtliche innere und äußere Organe angelegt sind. Dies ist wiederum nicht nur ein rein physiologischer Prozess, sondern auch ein seelischer. Ein Seminarteilnehmer erlebte beispielsweise seine eigene Herzbildung mit.

Danach fühlte er sich von frei fließender Liebe überschwemmt. Aber auch schwerwiegende negative Erlebnisse, etwa ein Tritt in den Bauch der Mutter während der Schwangerschaft, können erinnert und im geschützten Rahmen der holotropen Atemsitzung heilsam integriert werden. 

  Die kollektiven und transpersonalen Erfahrungen

Außergewöhnlich mannigfaltig scheint auch die kollektive und transpersonale Erfahrungsebene. So kann es vorkommen, dass man sich während einer holotropen Atemsitzung plötzlich außerhalb des Körpers erlebt, durchs All fliegt, verstorbenen Angehörigen begegnet, sich als Teilnehmer eines schamanischen Rituals in Peru identifiziert oder zitternd in einem nasskalten mittelalterlichen Folterkeller liegt.

Im veränderten Bewusstseinszustand wird die personale Identität erweitert, sodass man sich in anderen Orts- Zeit- und Kulturräumen bewegen kann. Auch außersinnliche Wahrnehmungen, wie Präkognitionen oder Hellsehen, werden geschildert. Einmal hat jemand in der holotropen Atemsitzung seinen Vater liegend in der Computertomografieröhre gesehen, und als er heimkam, stellte sich heraus, dass der Vater genau zu diesem Zeitpunkt einen Hirnschlag erlitt.

Die spirituellen Erfahrungen

Über die transpersonale Ebene hinaus können auch spirituelle Ebenen, in denen man sich von einem größeren Ganzen getragen fühlt, durch das holotrope Atmen zugänglich gemacht werden. Das kosmische Bewusstsein durchströmt den Menschen, begleitet von intensiven Gefühlen der Liebe, des Glücks, der Demut und der Hingabe. Man wird davon tief bewegt und bekommt Antworten auf existenzielle Fragen. 

 

Beschreibung der Atemerfahrung: Erfahrungsberichte
Weiterführende Seminare: Kompetenzseminare
Einführungsseminare - Workshops: Einzelseminare

Literaturliste - Holotropes Atmen:

Grof, Stanislav: Das Abenteuer der Selbstentdeckung. München 1987. Kösel.
Grof, Stanislav: Die Welt der Psyche. München 1993. Kösel.
Grof, Stanislav: Geburt, Tod und Transzendenz. München 1985. Kösel.
Walch, Sylvester: Dimensionen der menschlichen Seele. Transpersonale Psychologie und Holotropes Atmen. 4. Aufl. Düsseldorf 2009. Patmos.
Walch, Sylvester: Vom Ego zum Selbst. München 2011. Drömer Knaur.
Walch, Sylvester: Die ganze Fülle deines Lebens. Munderfing 2016. Fischer & Gann.