Psychotherapie und der spirituelle Weg  

Interviewauszug mit Sylvester Walch aus: Ursache & Wirkung

Ursache und Wirkung Nr. 78. Heft Winter 2011/2012


Meine Aufgaben:


Mein Leben, rückblickend betrachtet, wurde von einer geheimnisvollen Regie geführt. Ich habe mich immer wieder zu etwas entschieden, was schon vorher bestimmt schien.

Aufgabe 1: Die spirituelle Perspektive in die traditionelle Psychotherapie und akademische Welt zu bringen.
Aufgabe 2: Therapeuten und Berater so auszubilden, dass sie keine Angst vor intensiven Prozessen mehr haben, weil sie der inneren Weisheit vertrauen.
Aufgabe 3: Menschen auf ihrem spirituellen Weg begleiten.

Motto: Wenn ich mich voll und ganz hingebe, werde ich geführt.


Meine Arbeiten:


Meine konzeptionellen Entwürfe haben sich vertieft. War das Buch "Dimensionen der menschlichen Seele" noch ein umfassender Versuch meine Erfahrungen theoretisch zu legitimieren, so ging es in dem nachfolgenden Buch "Vom Ego zum Selbst" darum, direkt und authentisch ein spirituelles Menschenbild zu vermitteln. Im Schreiben erlebe ich mich nicht mehr angestrengt, sondern im Fluss.

Herausforderungen: Absichtsloses dienen, annehmen und wieder loslassen.

 

Der spirituelle Weg:


1988 begegnete ich Gurumayi Chidvilasananda und erlebte eine Initation. Nach meiner Kundalini-Erweckung war ich heftigen Konfrontationen ausgesetzt: Unfälle, zwischenzeitliche Depersonalisationserscheinungen und energetische Phänomene. Mit mir geschah etwas, was sich meiner Kontrolle entzog. Zwischendurch wollte ich aufgeben, aber in diesem Moment wurden mir gnadenhafte Erfahrungen zuteil, die zu tiefem Vertrauen führten. Vollkommen mystisch ist für mich noch heute, dass ich das Cover meines Buches von 2002 ("Dimensionen der menschlichen Seele") 1989 voraussah.

Erkenntnis: Vertraue der Kraft der "Inneren Weisheit", denn es ist alles da, was wir gebrauchen.

 

Der 2. Aufbruch - 1984:


Obwohl ich als Lehrtherapeut und Krankenhausleiter beruflich äußerst erfolgreich war, kam in mir Unruhe auf. Ich war durch die intensive Belastung auf allen Ebenen etwas ausgebrannt. Im Zusammenhang mit abermals auftretenden außersinnlichen Wahrnehmungen verstärkte sich der Wunsch, wieder tiefer zu gehen. So meldete ich mich zu einem Feuerlaufseminar an, besuchte transpersonale Kongresse, hatte eine intensive Begegnung mit Graf Durkheim und lernte Stanislav Grof kennen. Nach meinen ersten holotropen Atemsitzungen, in denen ich in dramatischer Weise meine Geburt wieder erlebte, änderte ich radikal mein Leben. Intensiven radikalen Transformationen folgten weitreichende berufliche Entscheidungen. Ich schlug das außergewöhnlich gut dotierte Angebot, Direktor von drei psychotherapeutischen Krankenhäusern zu werden, aus. Von nun an konzentrierte ich mich immer mehr darauf, die gewonnenen transpersonalen Erkenntnisse weiterzugeben.

Erkenntnisse: Wir haben weit größere Energien in uns, als wir glauben.


1980 - 1987 klinische Erfahrungen:


Beruflich lernte ich die Extremvarianten menschlichen Lebens kennen. In der klinischen Psychiatrie arbeitete ich mit psychotischen Menschen psychotherapeutisch, half Gewaltverbrechern sich selbst wieder zu fühlen, und selbstmordgefährdeten Menschen, wieder Freude am Leben zu gewinnen. Mit 32 leitete ich ein größeres psychotherapeutisches Krankenhaus und war für 150 Personen verantwortlich (Patienten und Mitarbeiter). Emotionale und soziale Krisen ließen mich an diesen Aufgaben wachsen.

Erfahrung: Am tiefsten Punkt der Kränkung gibt es eine Öffnung.